Humor in der Werbung – Was ist noch lustig und was geht zu weit?

Jeden Tag werden wir mit einer Flut an Informationen in Form von Werbung konfrontiert. Um neben der Konkurrenz bestehen zu können, erhoffen sich viele Unternehmen einen Vorteil, indem sie auf Humor in der Werbung setzen. Komische Werbung ist weiter verbreitet als je zuvor. Um sich von den Wettbewerbern abheben zu können wird versucht, immer kreativer, immer lustiger zu sein – und das teilweise auf Kosten anderer. Deshalb stellt sich die Frage: Wann ist Humor in der Werbung lustig, und was geht zu weit?

Mit Humor in der Werbung assoziieren viele erst einmal Negativbeispiele wie den Smoothie-Hersteller truefruits. Mit provokanten Sprüchen wie Noch mehr Flaschen aus dem Ausland erreichte das Unternehmen zwar ein hohes Aufsehen, erntete aber auch eine ganze Menge Kritik. Im digitalen Zeitalter ist es für die Kunden einfach, dem Nichtgefallen von Werbung Gehör zu verschaffen. Wenn der Humor in der Werbung den Kunden nicht gefällt, beispielsweise weil sie sich abgewertet fühlen, protestieren sie dagegen. Über Social Media entsteht leicht ein Shitstorm – mit vorprogrammiertem
Imageschaden. Doch wie setzt man Humor in der Werbung richtig ein? Wie bringt man Menschen
zum Lachen und erzeugt Sympathie?

Die Inkongruenz-Theorie

Um Humor in der Werbung erfolgreich einsetzen zu können, sollte zunächst verstanden werden, wie Humor entsteht. Nach der Inkongruenz-Theorie entsteht Humor durch Inkongruenz, das heißt, dass Sachverhalte miteinander verknüpft werden, die eigentlich nicht zusammenpassen. Dies überrascht den Menschen, und wenn der Witz verstanden wird, löst dies Heiterkeit aus. Hierbei ist wichtig, dass der Humor in der Werbung nicht zu kompliziert ist, damit der Witz auch wirklich verstanden wird.

Der Vampir-Effekt

Humor in der Werbung führt dazu, dass die Werbung länger im Gedächtnis verbleibt und dass über die Werbung mit anderen gesprochen wird. Dies ist grundsätzlich positiv, jedoch sollte man den sogenannten „Vampir-Effekt“ vermeiden. Der Vampir-Effekt beschreibt das Phänomen, dass der Humor in der Werbung zu sehr im Vordergrund steht und das Produkt deshalb fast schon zur Nebensache wird. Die Rezipienten erinnern sich dann zwar an den Spot, jedoch nicht, wofür eigentlich geworben wurde. Wichtig ist daher, das Produkt in Szene zu setzen, damit auch dieses in Erinnerung bleibt und die Markenwahrnehmung verbessert wird sowie die Verkaufsziele erreicht werden.

Die verschiedenen Arten von Humor

Viele Unternehmen fragen sich, ob man in der heutigen Zeit gänzlich auf Humor verzichten muss, um einen Shitstorm zu vermeiden. Um diese Frage beantworten zu können, sollte man sich zunächst bewusst werden, dass es verschiedene Arten von Humor gibt. Martin et al. unterscheiden zwischen zwei positiven und zwei negativen Humorstilen. Dabei kann positiver Humor entweder selbstaufwertend sein oder als sozialer Humor gegenüber anderen auftreten. Diese Art von Humor wird als ungefährlich, lustig und harmlos aufgenommen, denn es wird niemand durch den Humor angegriffen. Negativer Humor hingegen kann selbstabwertend oder aggressiv gegen über anderen sein, wodurch er oft beleidigend wirkt und als gefährlich eingestuft wird.

Die Grenzen des Humors

Gerade in Zeiten von Corona sollten wir unseren Humor nicht verlieren. Werbung muss nicht immer politisch korrekt sein und einen tieferen Sinn aufgezwungen bekommen; sie darf auch manchmal einfach nur leicht, schwungvoll und unterhaltsam sein. Denn Humor bedeutet immer, einen Sachverhalt überspitzt und nicht neutral anzugehen, auch, wenn man dabei in Kauf nehmen muss, dass es immer jemanden gibt, dem diese Art von Humor nicht gefällt. Das bedeutet aber nicht, dass man als Unternehmen aggressiven Humor einsetzen sollte, der den Kunden verletzt oder beleidigt. Besser ist es, positiven Humor einzusetzen, welcher genauso viel Aufmerksamkeit erregen kann, wenn er übertrieben und zugespitzt ist.

Insgesamt wird es immer schwieriger, Humor in der Werbung einzusetzen und es gibt noch keine allgemeingültige Regel, wie Humor eingesetzt werden muss, damit er den gewünschten Effekt erzielt. Beispielsweise unterscheidet sich die Auffassung von Humor in der Werbung zwischen verschiedenen Produktarten und zwischen verschiedenen Zielgruppen. Unerlässlich ist jedoch in jeden Fall neben der Tatsache, dass das Produkt immer im Vordergrund stehen sollte auch, dass der Humor niemandem schadet.

Quelle:
Brown, Mark R., Roop K. Bhadury und Nigel K. Ll. Pope (2010): The Impact of Comedic Violence on
Viral Advertising Effectiveness, in: Journal of Advertising, 49-65.
Dahl, Darren W., Kristina D. Frankenberger und Rajesh V. Manchanda (2003): Does It Pay to Shock?
Reactions to Shocking and Nonshocking Advertising Content among University Students, in: Journal
of Advertising, 268-280.
Humorinstitut (2020): Martin et al. – Humorstile
W&V (2017): Humor in der Werbung? Braucht es nicht – unbedingt
W&V (2020): Humor in der Werbung: Ernst ist lächerlich

Bild:
Diane Alkier – Fotograf
phase grün – Bildbearbeitung