Von Wölfen und Managern

Was Wolf und Manager voneinander lernen können

Der Entscheider, der Beschützer, der Tester, der Wächter und die Mannschaft – wo findet man diese Charaktere? Was ein wenig wie die Rollenverteilung eines Spiels klingt, ist in Wahrheit die Verteilung der Aufgaben in einem Wolfsrudel. Darüber hinaus gibt es diese Rollen auch im Personal-Management. Durch sie kann ein jeder Mitarbeiter seine Stärke als unentbehrliche Funktion in die Gruppe integrieren. Der Manager hat dabei die Aufgabe, die Eigenschaften seiner Mitarbeiter zu erkennen und sie dementsprechend einzuplanen.

Der Mythos vom bösen Wolf und der vom bösen Manager ähneln sich schon ein bisschen. Doch ist es wirklich nötig, böse zu sein – auf den Tisch hauen zu können? Diese Frage stellte sich Lead-Redakteurin Iris Spiegelberger auch und fand Antworten bei Shaun Ellis. Auf einer Wolfsfarm in Cornwall vermittelt er Managern, was sie von Wölfen lernen können. Doch das ist ganz und gar nicht impulsiv oder gar aggressiv zu handeln. Eher geht es um die Fähigkeit, besonnene Entscheidungen zu treffen und die passenden Aufgaben an die richtigen Team-Mitglieder zu verteilen. Respekt verschafft sich das Oberhaupt eines Rudels nicht durch Impulsivität und Lautstärke. Viel eher setzt es auf Besonnenheit und vor allem: Urteilsvermögen. „Seine Sensibilität sichert das Überleben des Wolfsrudels“ so Shaun Ellis im Interview. Birgit Kopcic kann dies bestätigen: “phase grün zu leiten ist eine Freude, insbesondere dann, wenn ich jeden einzelnen Mitarbeiter in seinen Fähigkeiten unterstützen kann.”

Schuster, bleib bei deinen Leisten

“Aggression und Stress treten immer dann auf, wenn Mitarbeiter sich in Rollen behaupten müssen, die nicht ihrem Wesen entsprechen”, erklärt der Leiter des Wolf-Reservats. Wölfe beurteilen das Wesen eines jeden Mitglieds haargenau und verteilen demnach die Aufgaben im Rudel. Ein nervöser Wolf würde niemals die Rolle eines Entscheidungsträgers erfüllen, geschweige denn sich wohlfühlen. Er muss dort eingesetzt werden, wo sein vermeintlicher Nachteil zum Vorteil wird, für ihn und die gesamte Gruppe – als Wächter. Er schlägt direkt an und warnt die anderen. Das rettet sie ebenso vor dem Feind, wie die scharfen Bisse des Beschützers. Im Geschäftsleben sollte es genau so funktionieren. Das beste Unternehmen ist nur so gut wie seine Mitarbeiter. Der Buchhalter ist genau so wichtig wie der Teamleiter und der Koch. Sie alle vereinen ihre Aufgabe zu einem Gesamtbild, das die Firma repräsentiert.

Selbsteinschätzung

Nicht nur andere beurteilen uns, sondern auch wir selbst. Dabei gilt es zu beachten, unsere Position persönlichen Stärken anzupassen und nicht mit falscher Selbsteinschätzung entgegenzuwirken. „…sie riechen, wenn sich jemand unwohl fühlt…“, heißt es im Artikel weiter. Darum ist es im Unternehmen sowie im Wolfsrudel lebensnotwendig, das Ego fallen zu lassen und eigene Stärken sowie Schwächen zu erkennen. Es geht darum, dauerhaft die Rolle zu finden, die das Team perfekt ergänzt. Nur so kann ein Unternehmen nachhaltig auf seine Mitarbeiter bauen und gemeinsam wachsen.

Quelle:
Spiegelberger, I. (2018): Ner Work – Die Wolf AG, in: Lead, 2, 30-35.

Bild:
Tom Pottiger